IP-Schutzarten in der Veranstaltungstechnik verständlich erklärt

Schutz vor Wasser bei Veranstaltung Eventtechnik

IP-Schutzarten in der Veranstaltungstechnik: Was bedeuten IP65, IP67 & Co.?

Meta-Description: Was steckt hinter IP-Schutzarten wie IP65 oder IP67? Verständliche Beispiele für Licht, Ton & Bühne – plus Praxis-Tipps für Indoor, Outdoor und Festival.
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Ob Club-Show, Stadtfest oder Festival: Technik muss laufen – auch wenn es staubt, regnet oder der FOH in der Gischt einer Nebelmaschine steht. Genau hier kommen IP-Schutzarten ins Spiel. Sie helfen dir, schnell einzuschätzen, wie gut ein Gerät gegen das Eindringen von Staub und Wasser geschützt ist. In diesem Beitrag erfährst du, wie das System funktioniert, welche Kennziffern relevant sind und wie du für Scheinwerfer, PA-Komponenten, Kabelwege und Stromverteilung die passende Schutzart auswählst – ohne dich durch Normtexte kämpfen zu müssen.

Was bedeutet „IP“ überhaupt?

„IP“ steht für Ingress Protection. Die Kennzeichnung besteht aus zwei Ziffern, zum Beispiel IP65. Die erste Ziffer beschreibt den Schutz gegen feste Fremdkörper (Staub, Partikel), die zweite Ziffer den Schutz gegen Wasser. Manchmal siehst du ein X wie in IPX4; das heißt nicht „kein Schutz“, sondern lediglich, dass dieser Teil nicht geprüft oder nicht angegeben wurde. Außerdem begegnet dir gelegentlich IP69K: Diese besonders harte Prüfung kommt aus dem Fahrzeugbereich und steht für Hochdruck-/Heißwasser-Reinigung – dazu gleich mehr.

Wichtig ist außerdem die Begriffsklarheit: Im deutschen Sprachgebrauch heißt die IP-Angabe korrekt Schutzart. Davon zu trennen sind die Schutzklassen I, II und III nach VDE, die sich auf die elektrische Sicherheit (Schutzleiter/Isolation/Betrieb mit Kleinspannung) beziehen. Beides wird ständig verwechselt, meint aber völlig unterschiedliche Dinge.

Die erste Ziffer: Schutz gegen Staub und Berührung

Anstatt eine endlose Tabelle abzubilden, hilft eine anschauliche Faustregel: Je höher die erste Zahl, desto dichter ist das Gehäuse gegen Partikel und Berührung. Ab IP5X gilt ein Gerät als staubgeschützt (eine geringe Staubmenge kann noch eindringen, richtet aber keinen Schaden an). IP6X bedeutet staubdicht, also vollständig gegen Staubpartikel abgeschlossen. Für die Bühne ist das relevant, weil feiner Staub aus Rigging-Arbeiten, Konfetti, Schotterböden oder Open-Air-Gelände langfristig in Lager und Elektronik kriecht. Moving-Heads für reine Indoor-Anwendungen liegen daher häufig nur bei IP20; Outdoor-Varianten setzen meist auf vollständig gekapselte Module mit IP65 oder besser, damit Lüfter, Goboräder und Netzteile über den Tour-Sommer nicht versanden.

Die zweite Ziffer: Schutz gegen Wasser

Bei der Wasserziffer lässt sich das so merken: IPX1 bis IPX4 beschreibt Tropf- und Spritzwasser aus unterschiedlichen Winkeln; IPX5 und IPX6 steht für Wasserstrahlen – erst moderat, dann kräftig –, während IPX7 das zeitweilige Eintauchen und IPX8 das dauerhafte Untertauchen regelt. IPX9 (häufig als IP69K bezeichnet) ist schließlich die Königsdisziplin mit Hochdruck-/Heißwasser aus kurzer Distanz.

Und jetzt der Punkt, an dem viele falsche Annahmen entstehen: IP67 ist nicht automatisch „besser“ als IP66, wenn du mit starken Wasserstrahlen rechnen musst. IP67 schützt vor Untertauchen, aber nicht zwingend vor Hochdruckreinigung. Für Pulte in der FOH-Grube, die du nach einem Matsch-Gig abspritzen möchtest, ist daher IP66 oder IP69K relevanter als die Tauchfähigkeit von IP67. Umgekehrt ist IP67 ideal, wenn Bodengehäuse in Pfützen stehen könnten.

Praxisbeispiele aus Licht, Ton und Strom

Im Lichtbereich sind klassische Indoor-LED-Pars, Fresnels oder Beam-Heads oft IP20: Sie benötigen Luftaustausch zur Kühlung und werden in geschützten Umgebungen betrieben. Sobald du sie jedoch in offene Traversen hängst – etwa auf Stadtfesten – sollte es mindestens IP65 sein, damit weder Staub noch Regen die Elektronik erreicht. Für Bodenleuchten im Außenbereich ist IP65/66 ebenfalls sinnvoll, weil Spritzwasser von unten und seitliche Wasserstrahlen praktisch immer vorkommen.

Bei Audio-Equipment ist das Thema subtiler. Lautsprecher für Outdoor-Einsatz nutzen witterungsbeständige Gehäuse und Grills, sind aber nicht automatisch hoch nach IP zertifiziert; hier helfen Herstellerangaben. Stageboxen, Splitters oder Boden-Multicores profitieren von IP67-Gehäusen, vor allem, wenn sie im Boden liegen. Für FOH-Plätze empfehlen sich Regenhauben und Zeltlösungen – selbst wenn einzelne Geräte eine ordentliche IP-Kennzahl tragen, denn Displays, Fader und Steckverbindungen sind im Alltag die echten Schwachpunkte.

Beim Strom schließlich sind die Unterschiede kritisch: Klassische powerCON blue/grey sind nicht wasserdicht verbunden. Dagegen bieten verriegelnde Stecker der „TOP“- oder „True-Outdoor“-Klassen (je nach Hersteller) in gestecktem Zustand oft IP65. Unverbundene Kupplungen sind es jedoch nicht, weshalb Kabelmanagement und Wetterschutz weiterhin Pflicht bleiben. Ähnliches gilt für speakON und XLR: Es existieren wetterfeste Varianten, die jedoch nur im gesteckten Zustand ihre IP-Werte erreichen.

Nebel, Haze, Reinigung und Alterung

In der Veranstaltungstechnik kommt neben Regen und Staub noch etwas hinzu: Glykol- und Glycerinnebel. Der feuchte Film aus Haze-Maschinen setzt sich auf Lüftergittern, Platinen und Kontakten ab, kriecht langsam in Gehäuse und begünstigt Korrosion. Die IP-Norm prüft jedoch nicht auf chemische Beständigkeit. Entsprechend ist regelmäßige Wartung – also Dichtungen prüfen, Filter wechseln, Kontakte reinigen – unverzichtbar. Außerdem altern Dichtungen, Kabeltüllen und Gehäuseverschraubungen. Ein Scheinwerfer, der neu IP65 erreicht, kann nach drei Touren mit Mikrorissen nur noch IP54 „leben“. Schutzart ist kein Dauer-Versprechen, sondern ein Zustand zum Prüfzeitpunkt.

Häufige Missverständnisse kurz erklärt

  • IP vs. Schutzklasse: IP (Schutzart) = Dichtigkeit gegen Staub/Wasser. Schutzklasse I/II/III = Konzept der elektrischen Sicherheit. Ein Gerät kann IP65 und Schutzklasse I sein – oder IP20 und Schutzklasse II.
  • IPX4 vs. IP44: IPX4 testet nur Wasser, IP44 gibt sowohl Partikelschutz (4) als auch Spritzwasser (4) an.
  • Höher = immer besser? Nur in der jeweiligen Kategorie. IP67 ist beim Untertauchen besser als IP66, aber nicht zwingend gegen Wasserstrahlen.
  • „Staubdicht“ heißt wartungsfrei? Leider nein. Staubdicht schützt vor Eindringen; Verschleiß, Kondenswasser und Haze-Rückstände bleiben Themen.

Schnellauswahl nach Einsatzszenario

  • Indoor-Club mit trockener Umgebung: IP20 ist üblich, jedoch Nebelbelastung beachten und regelmäßig reinigen.
  • Open-Air unter Dach (seitlicher Regen möglich): Für Licht mindestens IP54, besser IP65; für Stromverteilung Steckverbinder mit Outdoor-Freigabe im gesteckten Zustand.
  • Exponierte Traversen & Bodenleuchten Outdoor: IP65/66 als Zielgröße, besonders wenn Wasserstrahlen oder Spritzwasser vom Publikum zu erwarten sind.
  • Boden-/FOH-Bereiche mit Reinigung per Schlauch: Achte auf IP66 oder – wenn Hochdruck genutzt wird – auf IP69K (sofern vom Hersteller freigegeben).

Recht & Sicherheit: Was du zusätzlich beachten solltest

Die IP-Schutzart ersetzt keine fachgerechte Stromverteilung mit RCD/FI-Schutz, korrekten Querschnitten und mechanischer Entlastung. Außerdem sind Lasten über Personen immer nach geltenden Vorschriften zu sichern; ein scheinbar wasserdichter Scheinwerfer bleibt ein Gerät, das heiß wird, Gewicht hat und gewartet werden muss. Und schließlich gilt: Herstellerhinweise zur Montage und zur zulässigen Reinigung schlagen jede Faustregel – wenn dort IP65 zugesichert wird, aber Hochdruck ausdrücklich verboten ist, dann ist das bindend.

FAQ – kurz & praxisnah

Was bedeutet IPX4 für meine Bühne?
Das Gerät ist gegen Spritzwasser aus allen Richtungen geschützt; zur Staubdichtigkeit sagt „X“ jedoch nichts aus.

Kann ich IP67-Scheinwerfer mit dem Hochdruckreiniger säubern?
Nein, IP67 beschreibt Eintauchen. Für Hochdruck brauchst du explizit IP69K – und eine Freigabe des Herstellers.

Reicht IP44 für ein Open-Air mit Zeltdach?
Mit Glück ja, verlässlich ist IP54/IP65. Besonders bei Wind, seitlichem Regen und Publikumsnähe bist du damit auf der sicheren Seite.

Sind Outdoor-Stecker auch wasserdicht, wenn sie nicht gesteckt sind?
Meist nicht. Viele Systeme erreichen ihre IP-Werte nur im gesteckten Zustand. Unverbundene Kupplungen gehören grundsätzlich unter Schutz.


Fazit – IP-Schutzarten in der Veranstaltungstechnik

Wenn du dir die Logik hinter den beiden Ziffern merkst, triffst du für nahezu jedes Setup die richtige Wahl: Erste Zahl für Staub, zweite Zahl für Wasser, und Einsatzszenario entscheidet, welche Kombination sinnvoll ist. Indoor reichen oft moderate Werte, während Outdoor-Gigs nahezu immer IP65 oder höher verlangen. Prüfe Geräte regelmäßig, beachte Herstellerangaben und denke daran, dass die elektrische Schutzklasse etwas anderes ist als die IP-Schutzart. So bleibt dein Rig nicht nur beeindruckend, sondern vor allem betriebs­sicher – bei Sonne, Staub und Regen.

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