Live-Recording vom Gig erzeugen

Live-Recording vom Gig mit Slitter, Direct-Out, USB oder Multitrack

Live-Recording vom Gig: Split, Direct-Outs, USB-Recording, Multitrack – und wie du es sauber mischst

Ein guter Gig ist oft schneller vorbei, als man „Zugabe“ sagen kann. Umso besser, wenn du den Abend nicht nur im Kopf, sondern als saubere Live-Aufnahme mit nach Hause nimmst. Gleichzeitig scheitern Live-Recordings häufig an den gleichen Dingen: falsches Routing, zu heiße Pegel, ein unbrauchbarer Raumanteil oder ein Mitschnitt, der zwar „laut“, aber nicht wirklich hörbar ist.

In diesem Beitrag geht es darum, wie du Live-Recording vom Gig technisch sinnvoll aufziehst – von Split über Direct-Outs bis USB-Recording und Multitrack – und wie du danach so mischst, dass es nach Musik klingt und nicht nach „Kamera-Audio“.

Warum Live-Recording anders ist als Studio-Recording

Im Studio kontrollierst du die Umgebung. Live ist das Gegenteil: Du hast Bühnenlautstärke, Übersprechen, Publikum, Raum und wechselnde Pegel. Deshalb ist das Ziel nicht „perfekt isolierte Spuren“, sondern ein Setup, das zuverlässig läuft und dir Material liefert, mit dem du später arbeiten kannst. Außerdem muss das Recording den FOH-Betrieb respektieren. Denn ein guter Mitschnitt darf niemals zulasten eines guten Live-Sounds gehen.

Die vier typischen Wege zum Gig-Mitschnitt

Es gibt mehrere Methoden, und jede ist legitim. Entscheidend ist, welche Infrastruktur du hast und wie viel Risiko du eingehen willst.

Split: Der Klassiker für saubere, unabhängige Aufnahmen

Wenn du es ernst meinst, ist ein Mikrofonsplit meist die stabilste Lösung. Die Idee ist einfach: Jedes Mikrofonsignal wird aufgeteilt. Ein Weg geht wie gewohnt ins FOH-Pult, der andere Weg in deinen Recorder oder in ein Recording-Interface. Dadurch arbeitest du recordingseitig unabhängig vom Livesystem. Das ist vor allem dann wichtig, wenn der FOH-Techniker während der Show Gains anfasst oder wenn du selbst keine Kontrolle über das Pult hast.

In der Praxis gibt es passive und aktive Splits. Passiv ist simpel und robust, kann aber je nach Konstellation zu Pegel- oder Impedanzthemen führen. Aktiv bietet mehr Kontrolle und konstante Bedingungen, braucht aber Strom und ist ein weiteres Gerät, das ausfallen kann. Für viele Bands ist ein ordentliches Split-Rack dennoch der Schritt, der aus „irgendwie mitschneiden“ ein zuverlässiges Live-Recording macht.

Direct-Outs: Wenn du Zugriff auf das Digitalpult hast

Wenn du Zugriff auf ein Digitalmischpult hast, sind Direct-Outs oft der schnellste Weg zum Multitrack. Du nimmst also die Kanäle direkt aus dem Pult ab und führst sie zum Recorder oder per Interface in die DAW. Der große Vorteil ist die Geschwindigkeit: kein zusätzliches Split-Hardware-Setup, kein Umstecken, kein doppeltes Patchen.

Der Knackpunkt ist allerdings die Abgriffstelle. Wenn der Direct-Out „post-gain“ ist, hängen deine Aufnahmepegel am Live-Gain. Wenn er „post-EQ“ oder „post-comp“ ist, nimmst du bereits bearbeitete Signale auf, die live vielleicht gut funktionieren, im Mix aber problematisch sein können. Deshalb ist es meist sinnvoll, für Multitrack möglichst „pre“ abzunehmen, also vor EQ und Dynamik. So bleibt dir in der Postproduktion der Spielraum, den du brauchst.

USB-Recording: Praktisch, aber nicht automatisch gut

Viele Digitalmixer können per USB direkt in den Rechner aufnehmen oder sogar intern auf USB-Stick mitschreiben. Das ist bequem, weil du kaum Zusatzhardware brauchst. Trotzdem gilt: Bequem heißt nicht automatisch hochwertig.

Wenn du nur den Stereomix mitschneidest, bekommst du genau das, was am FOH passiert – inklusive Raum, Publikum und Live-Entscheidungen. Das kann großartig sein, wenn der FOH-Mix sitzt und die Akustik passt. Es kann aber auch frustrierend sein, wenn der FOH für den Raum mischt und dein Mitschnitt dadurch zu wenig Vocals, zu viel Kick oder zu viel Hall hat. USB-Stereo ist daher ideal als Dokumentation oder Content-Snippet, aber für eine wirklich veröffentlichungsfähige Aufnahme ist Multitrack meist die bessere Wahl.

Multitrack: Die beste Basis für einen „fertigen“ Livesound

Multitrack bedeutet: Du nimmst alle relevanten Kanäle einzeln auf. Dadurch kannst du später ausgleichen, korrigieren und mischen, statt an einen fertigen Live-Stereomix gebunden zu sein. Gerade bei Vocals und Drums ist das Gold wert, weil sie live oft die schwierigsten Kandidaten sind.

Allerdings steigt mit Multitrack auch die Verantwortung. Dein Routing muss stimmen, die Clocking/Interfaces müssen stabil laufen, und du brauchst eine klare Strategie für Pegel, damit nichts clippt und gleichzeitig genug Signal anliegt.

Pegel und Routing: So verhinderst du die häufigsten Recording-Probleme

Ein Live-Recording scheitert selten an „zu wenig Plugins“, sondern fast immer an Pegel- und Routingfehlern. Deshalb lohnt es sich, hier besonders sauber zu arbeiten.

Stelle zunächst sicher, dass du die Aufnahme so einrichtest, dass der FOH-Betrieb nicht beeinträchtigt wird. Wenn du über Direct-Outs gehst, dokumentiere die Abgriffpunkte. Wenn du per Split arbeitest, plane, wer „Master“ für Phantompower ist und wie du Brummen oder Ground-Loops vermeidest. Außerdem solltest du konsequent Headroom einplanen. Live-Peaks sind unberechenbar, und eine übersteuerte Spur ist später kaum zu retten. Lieber etwas leiser aufnehmen und sauber nachverstärken, als „auf Kante“ zu fahren.

Sauber mischen: Warum ein Live-Mix anders aufgebaut wird

Der größte Fehler beim Mixen eines Live-Multitracks ist, so zu tun, als wäre es eine Studioproduktion. Live lebt von Energie, aber auch von Kontext. Deshalb ist die Mischung aus Direktheit und Raum entscheidend.

Schritt 1: Zuerst Drums und Bass „tragfähig“ machen

Baue dein Fundament aus Kick, Snare und Bass so, dass der Song ohne weiteres schon funktioniert. Dabei hilft es oft, nicht sofort maximal zu komprimieren, sondern zunächst mit sinnvollen Filtern und gezieltem Aufräumen zu arbeiten. Live-Spuren bringen viel Low-Mid-Information mit, weil Bühne und Raum mitspielen. Wenn du dort kontrolliert reduzierst, wird der Mix klar, ohne dass du künstlich Höhen pushen musst.

Schritt 2: Vocals nach vorne – aber kontrolliert

Live-Vocals sind fast immer der Knackpunkt, weil Übersprechen, wechselnde Mikrofonabstände und Bühnenlautstärke zusammentreffen. Statt den Gesang einfach lauter zu drehen, ist es meist effektiver, Dynamik kontrolliert zu stabilisieren und Störfrequenzen zu entschärfen. Auch De-essing ist live häufig relevanter als im Studio, weil Mikrofone und PA-Präsenz schnell Schärfe erzeugen. Ziel ist Verständlichkeit, nicht „Studio-Perfektion“.

Schritt 3: Gitarren/Keys so platzieren, dass sie nicht den Mix verstopfen

Bei Live-Spuren ist die Versuchung groß, alles breit und groß zu machen. Gleichzeitig kippt der Mix dann in Matsch, weil Übersprechen und Raumanteile sich addieren. Oft ist es besser, Gitarren und Keys klar zu positionieren und im Low-Mid-Bereich Platz zu schaffen, statt pauschal mehr Druck zu wollen. Dadurch wirkt der Mix am Ende größer, obwohl du eigentlich „weniger“ gemacht hast.

Schritt 4: Der Raum ist Teil der Aufnahme – nutze ihn gezielt

Publikum und Raum können das Live-Feeling retten oder zerstören. Wenn du Ambient-Mics hast, behandle sie wie ein eigenes Instrument: Automationen sind hier dein bester Freund. Du willst das Publikum in Übergängen, Ansagen und Höhepunkten, aber nicht dauerhaft als Rauschkulisse. Falls du keine Ambient-Mics hast, wirkt ein komplett „trockener“ Multitrack oft unnatürlich. Dann lohnt sich ein kurzer, realistischer Raumhall, der das Live-Gefühl unterstützt, ohne den Mix zu verwaschen.

Stereo-Mitschnitt vs. Multitrack: Was ist für dich sinnvoll?

Wenn du schnell Content brauchst, ist ein guter Stereo-Mitschnitt oft ausreichend, solange der FOH-Mix stark ist und die Raumakustik mitspielt. Wenn du dagegen eine Veröffentlichung planst, oder wenn du dir die Option offenhalten willst, später wirklich sauber zu mischen, ist Multitrack die deutlich bessere Investition. In vielen Fällen ist die beste Lösung sogar beides: Stereo als schnelle Referenz und Multitrack als Grundlage für den finalen Mix.

Live-Recording vom Gig – Fazit: Ein gutes Live-Recording beginnt vor dem ersten Ton

Ein überzeugendes Live-Recording vom Gig ist vor allem ein Plan: Wie splittest du Signale, wo greifst du Direct-Outs ab, wie stabil läuft USB-Recording oder Interface, und wie schützt du dich vor Clipping und Routingfehlern? Wenn die Technik sauber steht, wird das Mischen deutlich leichter. Dann kannst du den Live-Charakter erhalten und trotzdem eine Aufnahme erstellen, die sich auch zuhause und auf Streaming-Plattformen hören lässt.


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