Eine klare, druckvolle Kickdrum ist das Herz jedes Live-Mixes. Damit sie sich im dichten Bühnensound behauptet und gleichzeitig natürlich bleibt, bearbeiten wir sie gezielt am Pult: erst sauber vorverstärken, dann mit EQ formen, mit Kompression stabilisieren, bei Bedarf mit Gate aufräumen und schließlich sparsam veredeln. So wird Kickdrum am Mischpult bearbeiten zu einem planbaren Ablauf statt zu Trial-and-Error.
1) Kickdrum am Mischpult bearbeiten – der 60-Sekunden-Start
Zuerst stellst du den Gain so ein, dass kräftige Schläge ungefähr bei −12 bis −6 dBFS landen; dadurch behältst du Headroom. Danach lohnt sich ein schneller Polarity-Check gegen Overheads oder Drumbus: Klingt die Summe schlanker als die Einzelspuren, invertierst du die Kick-Polarity. Anschließend setzt du, wenn die PA sehr tiefe Frequenzen übertreibt, einen subtilen Hochpass knapp über Infraschall (etwa 24–35 Hz, sanfte Flanke). Ein Gate lässt du erst einmal ausgeschaltet, denn ob du es brauchst, hörst du später im Band-Kontext. EQ und Kompressor startest du neutral und nimmst die Formung Schritt für Schritt vor.
2) EQ: Formen statt verbiegen
Ein guter Kick-EQ beginnt fast immer mit subtraktivem Aufräumen. Häufig steckt der „Mumpf“ zwischen 200 und 400 Hz; ein moderater Cut macht die Kick sofort definierter. Tritt der Raum in der oberen Tiefmitte zu sehr mit, suchst du im Bereich 90–140 Hz nach dem wummernden Anteil und nimmst ihn leicht zurück. Erst danach setzt du präzise Boosts: Für Fundament und Bauch arbeitest du meist zwischen 50 und 80 Hz; tiefer wird es selten besser, sondern nur schwerer zu kontrollieren. Den Attack modellierst du im Präsenzbereich: Rock mag oft 2–3 kHz, schnelle moderne Stile eher 3–5 kHz. Ganz zum Schluss kannst du mit etwas „Luft“ um 8–10 kHz die Wahrnehmung schärfen, wobei weniger meistens mehr ist. Wichtig ist, dass du nicht im Solo entscheidest, sondern im Zusammenspiel mit Bass und Snare; dort genügen kleine Eingriffe, die im Bandmix groß wirken.
3) Kompression: Punch kontrollieren, nicht plattdrücken
Die Kompression der Kick soll vor allem Level-Schwankungen glätten, während der Anschlag lebendig bleibt. Deshalb wählst du eine moderate Ratio (ungefähr 3:1 bis 6:1) und eine Attack von rund 20–40 ms, sodass der Transient noch atmen kann. Das Release richtet sich nach dem Tempo; Werte zwischen 60 und 120 ms sind ein guter Start. Den Threshold setzt du so, dass bei kräftigen Schlägen etwa 3–6 dB Reduktion entstehen, ein weiches Knee macht das Ergebnis musikalischer. Wenn dein Pult einen Sidechain-Hochpass anbietet, filterst du die Steuerung um 60–90 Hz an, damit der Kompressor nicht nur auf Sub-Energie reagiert. Für zusätzliche Dichte ohne Verlust des Attacks mischst du dann Parallel-Kompression dezent zu.
4) Gate: Sauberkeit ohne Abwürgen
Ein Gate ist live häufig nützlich, jedoch nur dann, wenn die Bühne wirklich laut ist. Anstatt hart abzuschneiden, dämpfst du Bleed lieber sanft: ein Attack von 1–3 ms verhindert Klicks, eine kurze Hold-Zeit (ca. 40–80 ms) sichert das Sustain und ein Release im Bereich 80–150 ms folgt dem Songtempo. Hilfreich ist außerdem ein Key-Filter um 2–4 kHz, damit der Beater den Öffner triggert. Bei Double-Bass-Figuren oder vielen Ghost-Notes verzichtest du oft ganz auf das Gate, weil es sonst Noten verschluckt.
5) Effekte: Glanz mit Augenmaß
Nachdem Kick und Bass sauber sortiert sind, darfst du veredeln. Ein kurzer Raum oder Plate mit starkem Low-Cut (um 150–200 Hz) und sanftem High-Cut (etwa 6–8 kHz) verleiht Nähe, ohne die Summe zu verwaschen. Sättigung auf Insertbasis hebt die wahrgenommene Lautheit, solange du sie wirklich sparsam dosierst. Verfügst du über einen Transient-Shaper, gibst du dem Attack 10–20 % mehr Präsenz und nimmst das Sustain minimal zurück. Subharmonic-Generatoren funktionieren nur in akustisch kontrollierten Situationen und geraten auf kleinen Bühnen schnell außer Kontrolle.
6) Kick und Bass trennen: Ein Konzept entscheidet
Bevor du an Details feilst, triffst du eine Arrangement-Entscheidung: Entweder ist die Kick unten stark und der Bass mittiger, oder umgekehrt. In der ersten Variante betonst du 60–70 Hz bei der Kick, während der Bass dort etwas Platz macht und dafür zwischen 100 und 150 Hz sowie in den Obertönen (800 Hz bis 2 kHz) präsenter wird. In der zweiten Variante reduzierst du die ganz tiefen Anteile der Kick, betonst eher 90–110 Hz und den Attack um 3–4 kHz, während der Bass das Sub-Fundament trägt. Zusätzlich sorgt Sidechain-Kompression am Bass, getriggert von der Kick, mit nur 1–3 dB Absenkung dafür, dass sich die Kick automatisch durchsetzt.
7) Kickdrum am Mischpult bearbeiten – Genre-Startwerte im Satz
Für Rock funktioniert oft eine leicht betonte Tiefe um 60–70 Hz, ein sauberer Cut um 250–300 Hz und ein moderater Attack-Boost um 3 kHz; eine Kompression um 4:1 mit 30 ms Attack und 100 ms Release erhält Punch und Stabilität. Metal profitiert von etwas mehr Präsenz (4–5 kHz) bei stärkerer Kontrolle (6:1, Attack 15–25 ms), während Pop/Funk mit einem Hauch Fundament um 60 Hz, einem aufgeräumten Low-Mid-Bereich um 200–250 Hz und einer sanften Präsenz bei 2–3 kHz auskommt (3:1, Attack 25–35 ms). EDM darf, sofern die PA es zulässt, zwischen 50 und 60 Hz kräftiger zupacken; gleichzeitig hält ein deutlicher Cut um 250–350 Hz die Summe klar, und 30–40 % Parallel-Kompression fügen angenehme Dichte hinzu.
8) Typische Probleme – kurz gelöst
Dröhnt der Raum, sitzt der Sub-Anteil meist zu tief; ein höher angesetztes Fundament (etwa 65 statt 50 Hz) plus Subsonic-Filter hilft sofort. Verschwindet die Kick im Mix, entfernst du zuerst Boxiness um 250–350 Hz und schaffst anschließend per Sidechain Platz im Bass. Wird der Sound zu klickig, reduzierst du den Boost oberhalb 4 kHz oder verlängerst die Kompressor-Attack. Klingt die Kick platt, nimmst du weniger Gain-Reduction, wählst ein weicheres Knee und mischst lieber parallele Kompression hinzu. Knackt oder pumpt das Gate, vergrößerst du Attack und Hold leicht und passt das Release ans Tempo an.
9) Soundcheck im Fluss
Bevor das Publikum den ersten Ton hört, kontrollierst du das Mikro-Placement (Richtung Beater, einige Zentimeter Abstand, keine Berührung mit dem Fell) und wiederholst den Polarity-Check im Band-Kontext. Danach gehst du das Gain-Staging durch, setzt einen subtilen HPF, entzerrst Mumpf und Wummern und modellierst schließlich den Attack im Zusammenspiel mit Bass und Snare. Der Kompressor arbeitet moderat mit 3–6 dB Reduktion; ein Gate nutzt du nur, wenn die Bühne es wirklich verlangt.
10) Ein pragmatisches Start-Preset
Als praxistaugliche Ausgangsbasis hat sich Folgendes bewährt: Ein HPF um 30 Hz mit 12 dB/Oktave beseitigt Infraschall. Der EQ räumt um 300 Hz rund 4 dB auf, während er bei etwa 65 Hz und 3,5 kHz jeweils ungefähr 3 dB hinzufügt. Der Kompressor arbeitet bei 4:1 mit 25 ms Attack, 100 ms Release und rund 4 dB Reduktion; ein Sidechain-HPF um 70 Hz stabilisiert die Regelung. Ein Gate, falls nötig, öffnet weich und schließt musikalisch – niemals abrupt.
Kickdrum am Mischpult bearbeiten – FAQ knapp beantwortet
Brauche ich immer einen HPF? Nicht zwingend. In kleinen, bassstarken Räumen verhindert ein sehr tief angesetzter HPF jedoch wirkungsvoll Infraschall, ohne das Fundament zu rauben.
Welche Effekte funktionieren sicher? Kurze, gefilterte Räume und dezent eingesetzte Sättigung klingen live zuverlässig; lange Hallfahnen oder Sub-Synths nur in kontrollierten Umgebungen.


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